Von Hanna Dünschede auf Montag, 17. November 2025
Kategorie: Big Data & AI

Wenn das Sprachmodell plötzlich anders tickt: Vom Umgang mit Modell-Updates

Die rasante Entwicklung großer Sprachmodelle (Large Language Models, kurz LLMs) eröffnet Unternehmen laufend neue Möglichkeiten, aber gleichzeitig bringt sie auch technische und organisatorische Herausforderungen mit sich. Eine dieser Herausforderungen ist die Migration von einem LLM zu einem anderen. Gründe dafür können technische Notwendigkeiten, der Wunsch nach höherer Leistungsfähigkeit oder Veränderungen beim Anbieter sein. 

Warum dieses Thema wichtig ist

In den letzten Jahren hat sich der Zugriff auf LLMs stark professionalisiert. Unternehmen integrieren zunehmend leistungsstarke Foundation-Modelle wie GPT, Claude oder Mistral in ihre Produkte. Oft geschieht dies über Drittanbieter, deren APIs einen schnellen Zugang ermöglichen, aber zugleich eine zentrale Abhängigkeit schaffen: Die Kontrolle über die Modellverfügbarkeit liegt beim Anbieter.

Diese Abhängigkeit wird dann spürbar, wenn neue Modellversionen erscheinen. Weil der parallele Betrieb alter und neuer Modelle teuer und aufwändig ist, nehmen Anbieter ältere Varianten oft vom Markt. Wer LLMs nutzt, muss sich deshalb auf regelmäßige Umstellungen einstellen. 

On-Prem vs. Drittanbieter – eine strategische Entscheidung

Natürlich lässt sich diese Anbieterabhängigkeit durch lokale Bereitstellung (z. B. Open-Source-Modelle wie Llama oder Mistral) vermeiden. Wer sich für diesen Weg entscheidet, erhält deutlich mehr Kontrolle, muss sich jedoch auch um eine eigene Infrastruktur von GPU-Ressourcen über Skalierung bis hin zu Monitoring und Sicherheit kümmern. Damit steigt die Komplexität der Umsetzung erheblich.

Bei der Nutzung externer APIs ist der Einstieg einfacher, allerdings geht dies mit einer gewissen Anbieterabhängigkeit einher und erfordert die Bereitschaft, schnell auf Änderungen zu reagieren. 

Fallbeispiel: Von GPT-4o zu GPT-4.1 – eine unerwartete Herausforderung

In einer unserer produktiven Anwendungen stand kürzlich genau so eine Umstellung an: die Migration von GPT-4o zu GPT-4.1.

Zunächst schien der Umstieg trivial: einen API-Endpunkt ändern, fertig. Doch es hat sich schnell gezeigt, dass sich die beiden Modelle deutlich in ihrem Verhalten unterscheiden. Prompts, die mit GPT-4o gute Ergebnisse lieferten, führten unter GPT-4.1 zu teils unerwarteten oder inkonsistenten Antworten und machten unsere Anwendung so unberechenbar.

Hier zeigte sich, dass die Migrationskosten bei LLMs weniger in der Technik als vielmehr im Verständnis des neuen Modells liegen. Jede Version bringt Veränderungen im Antwortstil und in der Art, wie Anweisungen interpretiert werden. Diese Unterschiede müssen sorgfältig überprüft und bewertet werden, bevor ein Modell zuverlässig in der Praxis eingesetzt werden kann. 

Modellwechsel mit Plan – so gelingt die Umstellung

Zum Glück hatten wir vorgesorgt. Mit einem kuratierten Testdatensatz und einem LLM-as-a-Judge-Evaluierungsverfahren (mehr dazu in diesem Blogartikel) konnten wir die Qualität der generierten Antworten systematisch erfassen und vergleichen. Anhand von Scoremetriken und Fehlertypen wurden schnell Schwächen sichtbar und gezielte Optimierungen möglich.

Eine Überarbeitung des Prompt-Designs war der logische nächste Schritt. Dabei half uns der offizielle Leitfaden von OpenAI für GPT-4.1[1], der konkreten Empfehlungen für die Gestaltung von Eingaben bietet. Durch klar strukturierte Prompts und präziser formulierte Anweisungen konnte die Antwortqualität merklich gesteigert werden. Im Vergleich zu GPT-4o hat GPT-4.1 die Vorgaben konsistenter eingehalten und dadurch zu stabileren und besser nachvollziehbaren Ergebnissen beigetragen.

Migration als Chance – wenn man vorbereitet ist

Am Ende zahlte sich der Aufwand aus: Die neue Modellgeneration liefert nicht nur stabilere, sondern auch qualitativ bessere Ergebnisse. Trotz des anfänglichen Aufwands hat sich der Wechsel als echter Gewinn erwiesen.

Gleichzeitig zeigt diese Erfahrung, dass Migrationen bei LLM-basierten Systemen fest eingeplant werden müssen. Dazu gehören saubere Testdatensätze und systematische Modellvergleiche, umfassendes Prompt-Design sowie erneute User-Acceptance-Tests bei jeder neuen Modellgeneration. Wer diese Prozesse etabliert, kann Modellwechsel nicht nur bewältigen, sondern gezielt als Chance zur Verbesserung nutzen. 

Fazit

Die Migration von LLMs ist kein „Nice-to-have“, sondern eine zentrale Anforderung für jedes Unternehmen, das KI produktiv einsetzt. Zwar erleichtern Drittanbieter den Zugang zu leistungsstarken Modellen, doch damit liegt auch die Kontrolle über Modelländerungen bei ihnen. So können unerwartet Anpassungen erforderlich werden. Wer sich aber gut vorbereitet, kann aus jeder neuen Modellgeneration sogar einen Wettbewerbsvorteil ziehen.

Sie planen eine Migration oder haben Fragen zu KI-Infrastruktur und Modellanbietern? Sprechen Sie uns gerne an, wir unterstützen Sie mit unserem Know-how!

Quelle

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